02.09.: Jüdisches Museum & Jüdischer Friedhof // Vorarbeit zum Film

Am Mittwoch Morgen treffen wir uns am Jüdischen Museum, in dem wir eine Führung und viele Informationen über die jüdische Geschichte der Stadt bekommen, die interessant aber natürlich auch sehr tragisch ist. Im Anschluss fahren wir zum jüdischen Friedhof, besichtigen die Synagoge und besuchen einige Gräber bekannter Persönlichkeiten. Es ist sehr heiß und die Hitze macht uns allen ein wenig zu schaffen.

Am Nachmittag arbeiten wir in unseren Gruppen an den jeweiligen Filmszenen.

Zum Abendessen gibt es traditionelle Polenta mit Ziegenkäse und Champignon-Rahm, zum Nachtisch dann Maultaschen mit Kirschen – es ist alles sehr lecker.

01.09.: Paul-Celan-Haus // Planung des Films // Picknick am Fluss

Am Dienstag treffen wir uns morgens

im Paul Celan Literaturzentrum, in einem schönen Eckgebäude in der Olha-Kobylanska-Straße. Das Zentrum wurde 2013 von der Stadt zur Verfügung gestellt und wird nach und nach renoviert. Es soll einen Raum für Autoren bieten, um sich auszutauschen. Außerdem ist es die Hauptbühne des VI. Internationalen Lyrikfestivals Meridian Czernowitz dessen Programm uns eine Mitarbeiterin des Zentrums vorstellt. Des Weiteren gibt sie uns eine kleine Einführung in die Czernowitzer Lyrik- und Literaturlandschaft.

Im Anschluss besprechen wir den weiteren Verlauf des Tages und verlegen unsere Vorbesprechungen zum Kurzfilm an den Stadtstrand, an dem wir abends auch grillen werden.

Zu unserer Grillparty am Ufer des Pruth bringen die Ukrainer eine solche Fülle an Essen mit, dass wir uns schon fast daran satt sehen können. Mit viel Liebe haben sie eingekauft und vorbereitet, haben einige ukrainische Spezialitäten zubereitet und es schmeckt alles so vorzüglich, dass die meisten sich hinterher kaum rühren können =)

 

31.08.: Studieren in Deutschland und der Ukraine // Charakterarbeit // Berichte vom Majdan

Wir sollen uns

an der Uni treffen, aber es ist Semesteranfang und die Busse und Taxis brechend voll. Nachdem alle mit einiger Verspätung in der Uni eintrudeln, beginnt unsere Diskussion zum Thema „Studieren in Deutschland — studieren in der Ukraine“. Die Studienstrukturen in den beiden Ländern sind sehr unterschiedlich und der Austausch ist für alle informativ.

Die Ukraine hat ein elfjähriges durchgängiges Schulsystem; meist verbringen die Lernenden die gesamten elf Jahre in einer Institution. Während des elften Schuljahres muss ein Eignungstest abgelegt werden, mit dessen Bestehen man die Hochschulzugangsberechtigung erhält. Die Eignungstests sind auf die Studienfächer zugeschnitten; während der Schulzeit können auch schon bestimmte Profile zur Vorbereitung auf den Eignungstest belegt werden. Die Lernenden müssen sich lange und gründlich darauf vorbereiten, die Ergebnisse sind öffentlich im Internet einsehbar. Ein guter Platz in diesem Ranking ist jedoch keine Garantie dafür, einen Studienplatz zu bekommen, denn diese sind streng limitiert. An dieser Stelle können Geld und Macht durchaus Einfluss auf die Studienplatzvergabe haben.

Ein Stipendiensystem oder Bafög gibt es in der Ukraine nicht, dafür aber den „Studienplatz als Staatsauftrag“, mit dessen Erhalt der/die Studierende keine Studiengebühren zahlen muss. Diese sind abhängig  von der Studienrichtung: die teuersten Studiengänge sind Rechtswissenschaft und Medizin. Der Studiengang „Englisch-ukrainische Übersetzungswissenschaft“ kostet im Jahr 14.000 Hrywnja (ca. 550 €) – bei einem pro-Kopf-Einkommen von durchschnittlich 3.000 Hrywnja im Monat (ca. 120 €) bzw. 36.000 Hrywnja jährlich (ca. 1.500 €) (Quelle: Zeit Online).

Die Semester dauern in der Ukraine vier Monate, danach müssen Prüfungen abgelegt werden. Das Studium ist in Module strukturiert, die aus Vorlesungen und Seminaren bestehen. Sowohl Vorlesungen als auch Seminare seien jedoch zumeist als Frontalunterricht gestaltet; die Studierenden müssen Wort für Wort mitschreiben und später in der Lage sein, den genauen Wortlaut der Lehrperson wiederzugeben. Zum Glück gebe es jedoch mittlerweile Ausnahmen.

Eine Alternative zum Studium ist es, nach der neunten Klasse eine Berufsschule zu besuchen, ähnlich einer Ausbildung, und dann ggf. den Eingangstest nachträglich abzulegen, um später studieren zu können.

Ca. 60% der ukrainischen Jugendlichen beginnen ein Studium, die Abbrecherquote ist sehr gering. Obwohl die Anzahl der Studienplätze auf den wirtschaftlichen Bedarf des Landes abgestimmt werden gibt es einen Mangel an Arbeitsplätzen.

Nach der Diskussion besuchten wir den Semesterauftakt; nur zu diesem Anlass darf man die Kieselsteine im Innenhof der Uni betreten.

Nach dem Mittagessen greifen wir die Charakterarbeit nochmals auf. Viele von uns haben sich bei den Tandem-Stadtführungen zu Charakteren inspirieren lassen, einige haben sich sogar Kostüme dazu besorgt. Nun werden wir in Kleingruppen interviewt, und zwar als unsere Charaktere, das heißt alle Fragen werden aus der Perspektive des jeweiligen Charakters beantwortet. Dies ist eine sehr gute Technik, um den kreierten Charakter weiter auszubauen: wie verhält er sich in Gesellschaft? Wie reagiert er auf andere Menschen/Charaktere?

Anschließend treffen wir uns im Marmorsaal. Katya, Vika und Oxana berichten davon, wie sie die Anfänge des Ukraine-Konflikts wahrgenommen und welche Erfahrungen sie auf dem Majdan gemacht haben — eine sehr emotionale Situation für uns alle. Wir schauen uns gemeinsam auf YouTube kleine Filme von #BABYLON’13 an.

Im Anschluss fehlen uns alle die Worte. Corinna bittet uns, uns einen ruhigen Platz zu suchen und, wenn möglich, unsere Gedanken aufzuschreiben. Keine leichte Aufgabe.

30.08.: Stadtführung // Charakterarbeit // Filmvorführung

Morgens um neun Uhr

treffen wir uns zur Stadtführung durch Czernowitz, die sehr interessant ist uns uns die Orte und die extensive und häufig tragische Geschichte dieser Stadt näher bringt.

Nach einer Kaffeepause in unserem neuen Lieblings-Takeaway besprechen wir im Park hinter der Uni die Programmpunkte der nächsten Tage, vor allem die Lesung im ukrainischen Fernsehen, an der einige von uns teilnehmen werden. Außerdem die nächste Schreibaufgabe, die auf der Charakterarbeit aufbaut, die wir in Bredbeck gemacht haben.
Dazu finden wir uns in Kleingruppen zusammen und lassen uns von den Ortskundigen „ihr“ Czernowitz zeigen. Dabei sollen wir Menschen beobachten und uns davon zu Charakteren inspirieren lassen, denn: wer schreiben will, muss beobachten können. Alle Gruppen lernen dabei ganz unterschiedliche Seiten der Stadt kennen und fast alle von uns entwickeln tatsächlich Ideen zu  Charakteren, die sich in Geschichten weiter ausbauen lassen.


Nach dem Abendessen gehen wir zu einer Filmvorführung mit anschließendem Konzert: Im zuvor verwuchterten und verkommenen Innenhof des Landeskundemuseums, den Vika und einige ihrer Freunde entrümpelt und für öffentliche Veranstaltungen nutzbar gemacht haben, wird ein restaurierter Film von 1930 gezeigt: земля // Earth.

29.08.: Ankunft in Czernowitz // Begrüßung // Festival im Park

Früh am Morgen kommen wir in Czernowitz an

und die Wiedersehensfreude ist groß! Wir fahren mit sehr vielen Leuten und sehr viel Gepäck in unsere Unterkunft: Ein Studentenwohnheim. Alle freuen sich über eine Dusche! Um 9 haben wir bereits das Gefühl, als seien wir schon lange hier. Ivanna holt uns ab und wir fahren mit einer Matschuka, einem kleinen gelben Bus, in die Innenstadt und laufen des restlichen Weg zur Uni. Die Stadt ist sehr schön und die Uni wirklich eindrucksvoll.

Wir werden im Blauen Saal der Uni von Oxana und auch dem Direktor der Universität begrüßt und besprechen unser Programm. Im Anschluss werden wir durch die illustren Gebäude geführt; der zentrale Campus der Universität besteht aus dem Hauptgebäude, einer Kirche und einigen Nebengebäuden, die um den Vorplatz herum angeordnet sind. Hinter der Universität befindet sich ein schön angelegter Park. Die Kirche ist eine sehr wichtige in der Region; deshalb, und auch wegen der prachtvollen Szenerie, finden dort an den Wochenenden viele Hochzeiten statt und das Gelände ist voller Hochzeitsgesellschaften.

Das Mittagessen nehmen wir stets in einer der kleinen Kantinen ein und es gibt immer einen Salat, eine Suppe und ein Hauptgericht. Speziell die Suppe darf bei einem ukrainischen Mittagessen nicht fehlen — in Deutschland wurden wir beim Mittagessen gefragt, wo denn die Suppe bliebe… 🙂

Da wir alle sehr müde sind und ein bisschen Ruhe gebrauchen konnte, verschieben wir die für den Nachmittag geplante Stadtführung auf den nächsten Morgen und gehen zum Teil in einen Park, in dem ein kleines Festival stattfindet, auf dem auch Vika und einige ihrer Freunde zusammen Musik machen. Wir genießen den Nachmittag im Schatten bei ukrainischer Musik.

Abends treffen wir uns im TomatGold, einem schicken Restaurant, und erkunden nach dem Essen in Gruppen die Innenstadt.

28.08.: Flug // Kiew // Nachtzug nach Czernowitz

Endlich geht es los.

Nach einer für die meisten aus verschiedensten Gründen schlaflosen Nacht treffen wir uns noch vor dem Morgengrauen am Bremer Flughafen. Glücklicherweise sind alle mehr oder weniger pünktlich da. Beim Check-In dann der erste Schreck: Bei fünf von uns wird ein rotes Schild mit der Aufschrift „Stand by“ am Gepäck befestigt. Als ich nachfrage, was das zu bedeuten hat, bekomme ich nur die Information dass die Maschine überbucht sei. Große Aufregung. Es geht zwar eine weitere Maschine nach Amsterdam, aber nicht nach Kiew, und die Tickets für den Nachtzug sind schon gebucht. Nachdem Ursula irgendwelche Menschen von der Fluglinie eine halbe Stunde lang bearbeitet hat, bekommen wir endlich grünes Licht fürs Boarding.

Alles läuft gut, dann in Kiew ein weiterer Schreck: Corinnas Koffer kommt erst nicht an, dann aber doch. Er ist geplatzt und wird in einer Plastiktüte aufs Laufband gespuckt, ein paar Einzelteile sind herausgefallen. Zum Glück ist aber alles da. Wir tauschen Geld und fühlen und ganz reich weil wir für ein paar Euro so viele große Scheine bekommen. Die Gruppe muss sich auf drei Busse verteilen, nach 50 Minuten Fahrt kommen wir am Hauptbahnhof an. Auf dem Weg bekommen wir schon einige Eindrücke von der Millionenstadt Kiew: die Architektur, der Verkehr, alles ist anders.

Am Hauptbahnhof begrüßt uns Alla und endlich fühlen wir uns nicht mehr so ganz allein und aufgeschmissen. Wir geben unser Gepäck ab

und fahren ins Zentrum. Der erste Halt ist Puzata Hata, ein Selbstbedienungsrestaurant, in dem wir erste Kostproben der ukrainischen Küche zu uns nehmen können. Alles ist sehr lecker!

Im Anschluss gehen wir zum Majdan. Man kann Blumenhaarreifen kaufen, ein als Minion verkleideter Mensch lässt sich mit Touristen fotografieren. Es ist unvorstellbar, dass dort noch vor kurzem Aufstände stattfanden, Menschen zu Tode gekommen sind. Nur die Kerzen und Fototafeln erinnern daran, aber die Atmosphäre ist überwältigend.

Wir kaufen ein paar Sachen für die Zugfahrt ein, fahren zurück zum Hauptbahnhof, holen unser Gepäck und begeben uns zu unserem Zug: Ein Abenteuer! Wir sind über mehrere Waggons und Abteile verteilt und versuchen, irgendwie mit den ukrainischen Reisenden Kojen zu tauschen, sodass wir die Fahrt gemeinsam verbringen können. Gar nicht so einfach, aber am Ende erfolgreich. Viele von uns sind ein bisschen gestresst, es ist eng und heiß. Aber sobald wir unsere Betten gemacht haben und die Klimaanlage angeht, entspannen wir uns langsam. Wir schaffen es tatsächlich, den Abend zu acht in einem Abteil zu verbringen und Uno zu spielen, die Schaffnerin bringt uns Chai und alles ist gut.

Leider schlafen nicht alle so gut wie wir, aber am Morgen kommen wir endlich in Czernowitz an und freuen uns tierisch darüber, unsere Freunde wiederzusehen!

28.07.-02.08.: Workshops // Autorentreffen // Vorbereitungen für Abschlussperformance

Am Dienstag …

 

Am Mittwoch beginnen wir unsere Workshops wieder mit einem Flashwriting und kehren dann nochmal zum Thema Showing, Not Telling zurück, das wir gut am Film Le Havre besprechen können, den wir am Vorabend gesehen haben.

Die Frau putzt des Schuhputzers Schuhe

Anschließend arbeiten wir zum Thema Heimat / Zuhause und stellen fest, dass Heimat etwas inneres ist, ein abstrakter Ort, den man schwieriger wechseln kann als das Zuhause, welches eher physisch ist und das man finden oder ändern kann. Wir schließen den Workshop mit einer Schreibübung ab.

Nachmittags fahren wir dann zur Besichtigung der Uni und zum Autorentreffen in der Villa Ichon nach Bremen.

Danach fahren wir in die Villa Ichon, um uns dort mit einigen angesehenen Bremer Autoren und Autorinnen zu treffen: Ian Watson, Sönke Busch, Elke Marion Weiß und Heidrun Timmendorf erzählen uns davon, wie die Themen zu ihnen kommen, bzw. nach welchen Kriterien sie diese auswählen, über welche sie gerne schreiben, welche ihre Stolpersteine sind und beantworten unsere Fragen. Außerdem geben sie uns einen kleinen Einblick in die Bremer Literaturlandschaft.

Abends soll eigentlich eine Stadtführung stattfinden, aber das Wetter ist typisch bremisch und wir sind alle schon etwas klamm. Der Fremdenführer ist zum Glück sehr kooperativ, deshalb verschieben wir die Führung auf einen anderen Tag. Wir teilen uns auf, einige gehen shoppen, andere gehen zurück ins Viertel, um sich bei einem Glas Wein ein wenig aufzuwärmen. Das geplante Picknick wird vom Weserdeich in unseren Gemeinschaftsraum verlegt und schmeckt dort im Warmen mindestens genau so gut.

 

Am Donnerstag teilen wir uns in zwei Gruppen auf und haben pro Gruppe je einen Schreib-Workshop bei Corinna und einen Performance-Workshop bei Frank Bobran. Im letzteren arbeiten wir zunächst die Unterschiede zwischen Schauspiel und Performance heraus, bevor wir dann zur Inszenierung unserer eigenen kleinen Performances übergehen. Dazu bitten Frank uns, die „5 Entscheidungen“ zu treffen:

  1. Eine klare Bühne etablieren.
  2. Einen klaren Auftritt finden.
  3. Den Kontakt zum Publikum bestimmen.
  4. Den Texteinsatz klären.
  5. Einen prägnanten Schluss finden.

Wir bekommen alle etwas Zeit, um unsere individuellen Inszenierungen vorzubereiten, bevor wir uns dann die der anderen anschauen und darüber sprechen.

Im Schreib-Workshop arbeiten wir heute mit Fabeln, die bekanntlich gesellschaftliche Missstände in Bildern aufzeigen. Corinna hat Bilder von Fabeltieren dabei, von denen wir uns zu unseren eigenen Geschichten inspirieren lassen.

 

Am Freitag teilen wir uns wieder in zwei Gruppen; den Schreibworkshop starten wir wieder mit einem Flashwriting und arbeiten dann an unseren Texten für die Performance. Im Performance-Workshop selber besprechen wir unsere Texte, Inszenierungen, die Struktur und den Ablauf und machen einen Probedurchlauf.